Greifvogelschutz für Hühner

Ziegen als lebender Habichtschutz -

wirklich eine gute Idee?

 

In letzter Zeit erfährt die Freiland - Hühnerhaltung einen enormen Boom - erfreulicherweise :-)!

Auch in der Landwirtschaft gibt es immer mehr "Hühnermobile" mit deren Hilfe die (teilweise) Freilandhaltung von Legehennen praktiziert wird. Dass hier leider meist Hybride eingesetzt werden, die auf solch eine enorme Legeleistung hin gezüchtet werden, dass sie nach einem, spätestens zwei Jahren einfach erschöpft und "verbraucht" sind und in aller Regel "ausgetauscht" werden, ist ein anderes Thema, auf das ich hier nicht näher eingehen möchte.

 

Hühner sollten meiner Überzeugung nach niemals in einer reinen Stallhaltung leben müssen, daher halte ich den Trend hin zur Haltung unter freiem Himmel ;-) grundsätzlich für sehr positiv. Ein riesiger Schritt in die richtige Richtung! Wenigstens frische Luft, Sonnenlicht, Möglichkeiten, zu scharren und dazu, zumindest einen Teil des (natürlichen) Futters selbst suchen zu können - einige wenige der Grundbedürfnisse, die vielen Hühnern leider versagt bleiben können so erfüllt werden.

 

Doch die Freilandhaltung hat - wie fast alles im Leben - nicht nur Vorteile für die Hühner - ein Nachteil ist beispielsweise die Gefahr durch Greifvögel. Je nach Region und je nachdem, wie der "Auslauf" der Hühner gestaltet werden kann, ist ein Überleben für alle Hühner oft nicht lange möglich - und falls doch, leben sie in ständiger Todesangst bzw. haben einen enormen Stresslevel auszuhalten - ganz abgesehen vom Stress der durch zu wenig Platz verursacht ist. Ja, auch bei den sogenannten "Hühnermobilen" ist die Besatzdichte meist viel zu hoch. Doch wie gesagt, wenigstens können diese Hühner raus, sind auch an der "frischen" Luft und sehen die Sonne ;-)... Doch zurück zum Stress aufgrund von Fressfeinden aus der Luft bzw. eher aufgrund von "freier Weidefläche" bzw. keinen oder kaum vorhandenen Versteckmöglichkeiten für die Hühner auf dem Stück Wiese, den sie sich mit viel zu vielen anderen Hühnern teilen müssen...

 

Um dem Abhilfe zu schaffen - kaufen viele Hühnerhalter einfach ein paar Ziegen, denn es hat sich herausgestellt, dass diese lebhaften Tiere ein ziemlich wirksamer Schutz für die Hühner sind - zumindest vor Habicht und Co. Es gibt sogar Ziegen, die Hühnern, die von einem Greifvogel attakiert werden, aktiv (und erfolgreich) zu Hilfe eilen! Genial, oder?

Grundsätzlich absolut nicht verwerflich, der Gedanke, aus diesem Grund Hühner gemeinsam mit einigen Ziegen zu halten - viele glauben, das sei eine absolute "Win-Win-Situation".

 

Doch schaut man genauer hin, dann ist das in den wenigsten Fällen so, dass neben den Menschen und den Hühnern auch die Ziegen einen Gewinn aus diesem Arrangement ziehen können.

Ganz im Gegenteil, sehr häufig ziehen die Ziegen bei diesem Job, langfristig gesehen, den Kürzeren.

 

Wie kann ich sowas sagen?!

 

Gleich vorab: es gibt wirklich tolle Haltungskonzepte für Ziegen mit viel Platz, einem guten Futter- und Parasitenmanagement, bei denen wirklich von einer "Win-Win-Situation" gesprochen werden kann.

 

Doch leider sind diese eher dünn gesät, meist trifft man Haltungen an, in denen zu wenig Fläche vorhanden ist. Dadurch gibt es sehr viele Hühner-/Ziegenhaltungen - meist in Hobbyhaltung - , die mit einer Standweide vorlieb nehmen müssen, ein Weidewechsel ist einfach aus Platzgründen gar nicht möglich und daher auch gar nicht vorgesehen. Damit beginnen dann über kurz oder lang so einige Probleme, untere denen vor allem die Ziegen zu leiden haben. Eines davon ist das "Parasitenproblem" - einmal wegen der Standweide ganz grundsätzlich, denn die Ziegen fressen dann auch notgedrungen diejenigen Pflanzen, die sie - hätten sie die Wahl - nicht anrühren würden (gerade beispielsweise wegen der Parasiten). Automatisch steigt der Wurm- bzw. Parasitendruck und aufgrund der zahlreichen Resistenzen gegen die für Ziegen zugelassenen anitparasitären Wirkstoffe entstehen hierdurch sehr häufig ernsthafte gesundheitliche Probleme. Selbst die Wurmkräuter und alle Pflanzen, die bei einer natürlichen Entwurmungsweise super effizient sind, benötigen ein durchdachtes und sinnvolles Parasitenmanagement - und dazu gehört nun mal deutlich mehr als einfach regelmäßig chemische oder pflanzliche "Wurmkuren" zu geben.

Ein weiteres Problem stellt das Hühnerfutter da, das die findigen und cleveren Ziegen natürlich sehr mögen (wir Menschen mögen ja Süßigkeiten bzw. ungesunde "Naschereien" in aller Regel ebenfalls ;-)), das ihnen aber definitv schadet und schnell auch zur tödlichen Gefahr werden kann.

 

Daher möchte ich an dieser Stelle nicht "verteufeln" oder aburteilen, sondern zum Nachdenken anregen. Und ich möchte ermutigen, sich auf die Suche nach neuen Konzepten und kreativen Ideen zu machen, mit denen alle Beteiligten langfristig gut (oder zumindest besser) leben können. Sowohl die Hühner als auch die Ziegen und als auch der Mensch. 

Und wie unser Motto es schön umschreibt ("ungewöhnliche Ergebnisse erfordern ungewöhnliche Wege") bedeutet das häufig, nicht das zu tun, was "alle" oder "die meisten" tun, sondern sich auf die Suche zu machen danach, was "das Beste" in der jeweiligen Situation, mit den jeweiligen oder auch momentanen "gesetzten Bedingungen" und mit den jeweiligen aktuell umsetzbaren Möglichkeiten ist.

Häufig genügen schon kleine Veränderungen, um ungünstige Verhältnisse zu verbessern. Auch wenn aktuell vielleicht nur kleine Schritte oder "Aktionen" möglich sind, gehe sie! Nimm sie in Angriff!

 

Mir ist bewusst, dass das ein Mehraufwand ist und dass es hier auch keine Patentrezepte gibt und wie gesagt dass auch selten alles auf einmal umsetzbar ist - doch es lohnt sich. Und es steht in unserer Verantwortung, die uns anvertrauten Geschöpfe inkl. unserer "Lebenswelt" zu bewahren. Und letztlich muss jeder Einzelne einmal dafür geradestehen, wie er diese Verantwortung direkt oder indirekt umsetzt (bzw. umgesetzt und gelebt hat).

 

Wir leben in einer atemberaubend schönen Welt, die Natur mit all ihren Lebewesen, Kreisläufen und unbändigen Kräften lässt uns staunen und kann uns unsagbar begeistern. Es lohnt sich, sich dafür einzusetzen, sie mit Respekt und Achtung vor ihrem Schöpfer zu pflegen und zu bewahren :-).

1 Der Kurs ist gem. § 4 Nr. 21a)bb) UStG als Bildungsmaßnahme von der Umsatzsteuer befreit.